-Mama, brauchst du die Malkreiden noch?
-Ja.
-Aber du benutzt sie doch gar nicht!
-Ja, aber vielleicht tue ich das noch.
Ich bin erstaunt. Wenn ich etwas schon so lange nicht benutze, dann erwarte ich nicht, dass sich daran etwas ändern wird. Aber damit scheine ich mich von anderen Menschen zu unterscheiden.
Mit Antonia geht es mir genauso.
-Ich sollte Workshops anbieten, sagt Antonia. Wir sitzen zusammen und trinken Kaffee.
-Das sagst du schon seit Jahren, aber machen tust du nichts.
Wieder so ein Fall, da rechnet ein Mensch damit, dass etwas passiert, was seit Jahren nicht passiert. Warum hält sie an der Idee fest?
Aber vielleicht müsste ich eher fragen, warum glaube ich, dass sie es nie tun wird? Die Idee dahinter habe ich vermutlich von Antonio Damasio aus „Selbst ist der Mensch“ (aber ich weiß es nicht mehr genau). Und ich habe sie so verinnerlicht, dass ich immer wieder über Menschen staune, die ihr Unbewusstes nicht bei Entscheidungen konsultieren. Zunächst einmal: Ein „Sollte“ ist keine Motivation, die irgendwen irgendwohin bringt, das weiß auch Antonia. Aber es geht, wie gesagt, um das Unbewusste. Lass mich erklären!
Eine bewusste Entscheidung treffen wir nur, wenn das Ereignis so außergewöhnlich ist, dass es den Weg in unser Bewusstsein schafft. Greifen wir gedankenverloren in einer Besprechung nach dem Keksteller, nehmen wir zielsicher unsere Lieblingssorte. Das Unbewusste hat die Aktion gelenkt, und es weiß, was dem Ich gefällt. Jedenfalls dann, wenn wir in unserem Leben schon viele verschiedene Kekse gegessen haben. Es ist wissenschaftlich erforscht, dass eine Wahl, die viel komplexer ist als Kekse, zum Beispiel ein „Haus kaufen“, nachhaltig besser ist, wenn sie unbewusst getroffen wird (beschäftigen muss man sich allerdings trotzdem damit). Unser Verstand mag Pro- und Kontralisten schreiben, aber unser Bewusstsein ist mit den vielen Informationen überfordert. Schließlich verhält sich das Bewusstsein zum Unbewussten wie 1cm zu 11km (=1.100 000 cm) (sagt Vera Birkenbihl). Das heißt, dein Unbewusstes kann viel mehr Informationen gleichzeitig berücksichtigen als dein Bewusstsein. Das Bewusstsein macht spätestens nach sieben Elementen schlapp. Allerdings musst du dein Unbewusstes schulen, sonst macht es das, was die Werbung und andere Menschen ihm anbieten. Die GFK ist da ein gutes Mittel. Fragt man sich regelmäßig (auch nach Enttäuschungen), welches Bedürfnis wollte ich mir damit erfüllen und ist mir das gelungen, impft man ganz automatisch sein Unbewusstes mit den eigenen Werten und Wünschen.
Aber wie können wir im Alltag mit unserem Unbewussten kommunizieren? Träume analysieren ist schön, aber nicht immer träumen wir von der bevorstehenden Entscheidung. Meine Methode ist zu schauen, womit ich mich so gedanklich beschäftige. Was kommt mir völlig unbeeinflusst ins Bewusstsein? Das können Fantasien von Stress oder schlimmer Bedrohungen sein. Hat das etwas mit der bevorstehenden Jobwahl zu tun? Oder mein Verstand läuft auf Hochtouren und überlegt, wie es wäre, eine bestimmte Maltechnik auszuprobieren. Beides kennst du wahrscheinlich. Aber, worauf es sich wirklich lohnt zu achten, ist das, woran man NICHT denkt und was man NICHT tut? Taucht etwas nie im Bewusstsein auf,(es sei denn du wirst gerade daran erinnert), dann ist es für dich nicht relevant (sagt das Unbewusste). Sollte sich daran etwas ändern, dann wird sich das NICHT-denken in Fantasien verwandeln und die Fantasien in Handlungen. Wünsche und Ziele, die man nur hat, wenn man gerade daran erinnert wird, kann man getrost, aussortieren.
Und was heißt das für den Alltag? Wenn du nie den Wunsch hast, eine bestimmte Maltechnik auszuprobieren, dann kannst du die Idee ziehenlassen.
Schenk die Malkreiden lieber deiner Tochter!