Nach Amana Virani entsteht Wut in Situationen, die wir als „falsch“ beurteilen. Durch das Urteil positionieren wir uns und durch die Wut entwickeln wir die Energie, die wir benötigen, um daran etwas zu ändern. Wut ist dann das passende Gefühl, wenn wir etwas nicht akzeptieren und etwas ändern können. Die Aufgabe, die hinter der Wut steht, ist also zu handeln. Jetzt und resolut!
Wut ist dann gut, wenn die Situation wirklich von mir veränderbar ist. Kann ich nichts ändern, wird sie meistens destruktiv, mir selbst oder anderen gegenüber. (Wenn ich sage, Wut ist gut, dann spreche ich von dem Gefühl und schließe Handlungen wie Schlagen oder Beschimpfen aus).
Nun kommt es vor, dass bestimmte Gefühle wie Wut in manchen Familien nicht toleriert werden. Wenn das der Fall ist, erzeugen wir andere Gefühle, die etwas akzeptierter sind, aber leider falsche Energien erzeugen.
Hier ein Beispiel für verschobene Wut, die in unpassende Traurigkeit geändert wurde:
Wenn ich in meiner Herkunftsfamilie gelernt habe, dass ich ignoriert werde, wenn ich wütend bin, kann es sein, dass ich alternativ traurig (oder ängstlich oder freudig…) werde, einfach, weil das ein Gefühl ist, das mir Zuwendung sichert. Zudem kann ich mit Traurigkeit etwas Einfluss auf die Situation nehmen, indem ich meine Mitmenschen dazu bringe, aus Mitleid etwas zu ändern. Das Tragische daran ist, dass mir in der Folge die Kraft hinter der Wut, nämlich Klarheit, nicht zur Verfügung steht. Bei richtig eingesetzter Wut weiß hinterher jeder, woran er/sie ist. Bin ich stattdessen traurig, weiß niemand, woran er ist, ich am allerwenigsten. Die Situation bleibt unklar und die Beteiligten erleben den Gefühlsausdruck als unpassend oder manipulierend.