schreibend denken und fühlend verstehen wollen


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Mein Filmprojekt: Empathie – Spüren, was wichtig ist

Erstveröffentlichung in der GFK-Zeitschrift „Empathischen Zeit“ 04/2021 „Unter Giraffen“

Was das Empathie-Geben bewirkt, hat mich von Anfang an an der GFK fasziniert.  Ich wollte das auch können! Also habe ich versucht, die richtigen Gefühle und Bedürfnisse zu benennen. Aber die Erkenntnis, dass Empathie-Geben mehr ist als Worte, hat ein bisschen länger gebraucht.

Heute als GFK-Trainerin finde ich es immer noch schade, dass es so lange dauert, die empathische Haltung zu lernen. Also frage ich mich immer wieder: Wie kann ich Empathie am besten vermitteln?

Am liebsten würde ich ein GFK-Coaching (genannt Anliegenarbeit) filmen und diese dann zu Übungszwecken verwenden. Das Übungssetting sollte so aussehen: Die lernende Person schaut sich den Film an und stoppt, wenn sie meint, etwas Wichtiges gehört zu haben. Dann hat sie Zeit, nach Gefühlen und Bedürfnissen zu suchen. Eigentlich eine gute Idee, aber finde mal jemand, der den Streit mit der Ehefrau vor der Kamera erzählt!

Ich suche also nach Alternativen und komme auf Spielfilme. Aber beim Anschauen stelle ich fest, dass Schauspieler nicht authentisch von sich erzählen. Mir wird klar, dass ein Filmdialog der Story dient, nicht dem Selbstausdruck. Wenn du dir das nicht vorstellen kannst, dann versuche einmal einer Filmfigur Empathie zu geben.

Als nächstes suche ich persönliche Geschichten auf YouTube und finde mehrere wie diese. „Wie ich meinen Mann und meine Kinder bei einem Autounfall verlor“. Das müsste doch funktionieren. Tut es aber nicht. Die Menschen erzählen, und ich kann sie nicht spüren. Ich bin richtig schockiert, wie wenig sie mit sich selbst verbunden sind. Ich stelle mir Fragen über die Motivation einer solchen Selbstoffenbarung. Heute kann ich mir vorstellen, dass es etwas mit der Kamera zu tun hat. Aber für diese Idee muss ich mich erst einmal selbst aufnehmen. Dazu brauche ich ein Thema.

Eines Abends komme ich aufgebracht von einer Teambesprechung. Das ist die Gelegenheit, mein Anliegen aufzunehmen. Während ich die Handykamera auf das Stativ setze, lässt das Gefühl nach. Die Aufnahme läuft.

-Ähhh… Was soll ich sagen? Meine Arbeitsgruppe ist nicht gut gelaufen…

Ich suche nach Worten, ich stocke. Sonst erzähle ich flüssiger von meinen Themen. Aber der Gedanke, was potentielle Zuschauer oder noch schlimmer Teilnehmer von mir halten könnten, lässt mich nicht los. Ich starre auf die Kamera meines Handys. Zum Glück summt sie nicht. Ich zwinge mich trotzdem zu reden, aber es bleibt unangenehm. Mein Mut, andere darum zu bitten, schwindet gänzlich.

Ein paar Wochen später habe ich eine neue Idee. Wenn es nicht live geht, warum nicht aus der Erinnerung? Ich könnte meine geschätzten GFK-Kolleg:innen interviewen? Ich wollte schon immer wissen, was in deren Kopf oder Gefühl vor sich geht, wenn sie empathisch zuhören.

Die Aussicht motiviert mich. Wahllos notiere ich alle Fragen, die mich interessieren. Wie machst du das? Wie findest du die richtigen Bedürfnisse? Wie schätzt du dich selbst ein, findest du, dass du Empathie-Geben kannst? Diese Frage steht unter anderem deshalb auf meiner Liste, weil mir langsam dämmert, dass meine liebsten Empathie-Geber:innen vielleicht gar nicht so überzeugt von sich sind, wie ich von ihnen.

Aber bevor ich sie einlade, will ich das Ganze im Selbstversuch noch einmal testen. Ich setze mich wieder vor die Kamera.

Die erste Frage: Kann ich Empathie?

Ich fange an zu reden. Mittlerweile bin ich routinierter. Aber die Frage schlägt mir auf die Stimmung. Das Urteil „Du kannst es immer noch nicht!“ ist wieder da. Ich merke schnell, das bringt nichts. Mir nicht und anderen auch nicht. Ich brauche Fragen, die mich und später meine Interviewpartner mit ihrem Selbstwert verbinden. Ich will doch etwas über ihre Kompetenz hören. Es kristallisieren sich zwei Fragen heraus. Erzähle mir eine geglückte Empathie-Erfahrung und was hast du gemacht?

Es ist der Tag der ersten Filmaufnahme. Meine erste Interviewpartnerin macht es sich auf meinem roten Sofa bequem. Ich schätze sie sehr und bin froh, dass sie sich als mein Versuchskaninchen zur Verfügung stellt. Aber vorher muss ich mich noch um die Technik kümmern. Hat das Licht die richtige Farbe? Sitzt das Mikro? Behindert das Kabel ihre Hände? Ach, und wo ist der Zettel mit meinen Fragen? Egal, zum Glück habe ich sie grob im Kopf.

Ich nehme ihr gegenüber Platz. Mein Blick schweift umgehend zum Handybildschirm. Ich muss mich richtig auf sie konzentrieren. Worum geht es? Ach ja, Empathie. Ich will doch einen vertrauensvollen Rahmen schaffen. Aber mein Kopf denkt nur an Technik, und mein Innenleben ist wie weggepustet.

Irgendwie schaffe ich es. Film läuft, Ton an, Test, Test.

-Herzlich willkommen, ich freue mich sehr, dass du da bist…

Und wir finden trotz meiner Aufregung in das Thema. Sie erzählt ihr erstes Beispiel. Ich stelle Fragen zu den Hintergründen. Bereitwillig antwortet sie. An irgendeinem Punkt bin ich tief berührt. Ich habe Tränen in den Augen. Ich fühle mich geehrt, dass sie mir das erzählt.

Hinterher bin ich glücklich. Ich darf noch mehr solcher Interviews führen. Ist das nicht großartig!

Meine Begeisterung hält an und es folgen 14 Interviews. Dann beginnt die eigentliche Arbeit. Neun Monate sitze ich an Filmschnitt und Konzeption. Wer hätte gedacht, dass das so viel Arbeit ist? Aber ich will, dass mehr Menschen das sehen können.

Und heute darf ich sagen, die Dokumentation „Empathie – Spüren, was wichtig ist“ ist fertig:

-Proudly presented by Regine Landwehr

Trailer 1 „Empathie im Alltag“

Trailer 2 „Empathie im Beruf“

Neugierig geworden?

Schau selbst!


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Der meditative Impfstoff gegen emotionale Ansteckung

oder wie du fremde Gefühle wieder loswirst.

Heutzutage läuft man nicht nur Gefahr sich mit unliebsamen Viren anzustecken. Fast noch größer ist die Gefahr sich mit fremden Emotionen zu infizieren. Als soziale Wesen haben wir Sensoren für die Emotionen aus unserem Umfeld. Haben wir uns damit angesteckt, sind sie oft nicht von unseren eigenen Gefühlen zu unterscheiden. Wenn du diese Beschreibung mit dir selbst in Verbindung bringst, dann kann dir die folgende Meditation helfen. Bevor ich sie kennengelernt habe, war mir oft nicht bewusst, dass ich mit fremden Emotionen zu kämpfen hatte. Was ich spürte, war ein diffuses Unwohlsein. Ich konnte mich selbst nicht leiden, geschweige denn bei diesen Gefühlen innerlich bleiben. Ich war wie auf der Flucht, scheinbar vor mir selbst. Diese Meditation (oder Spür-Aufgabe) hat mir geholfen, meine eigenen Gefühle von fremden Emotionen zu unterscheiden und mich innerlich zu reinigen, sodass ich mit mir sein mag.

Bei Mary Müller Shutan möchte ich mich für die Idee bedanken. Die Meditation „Gehört das zu mir?“ stammt aus ihrem Buch und ist von mir vertont (siehe mp3-Anhang). Ihr Buch würde ich dir nur empfehlen, wenn du dich für Medialität interessierst.

Diese Meditation ist für sensible und hochsensible Menschen, aber auch für Menschen, die sich gerade emotional angesteckt haben. Hier ist nichts wissenschaftlich erwiesen, aber ich möchte dich einladen, es einfach auszuprobieren und dann deinem eigenen Gefühl zu vertrauen. Es tut dir gut… super, dann kannst du sie wiederholen! Es passiert nichts oder es tut dir nicht gut… dann lass es!

Viel Spaß mit dem emotionalen Meister Proper!

Über deine Rückmeldungen würde ich mich freuen.

Das Vorwort sowie die Reinigungsmeditation findest du auf meiner anderen Homepage.


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Was soll ich tun? Frage dein Unbewusstes

-Mama, brauchst du die Malkreiden noch?

-Ja.

-Aber du benutzt sie doch gar nicht!

-Ja, aber vielleicht tue ich das noch.

Ich bin erstaunt. Wenn ich etwas schon so lange nicht benutze, dann erwarte ich nicht, dass sich daran etwas ändern wird. Aber damit scheine ich mich von anderen Menschen zu unterscheiden.

Mit Antonia geht es mir genauso.

-Ich sollte Workshops anbieten, sagt Antonia. Wir sitzen zusammen und trinken Kaffee.

-Das sagst du schon seit Jahren, aber machen tust du nichts.

Wieder so ein Fall, da rechnet ein Mensch damit, dass etwas passiert, was seit Jahren nicht passiert. Warum hält sie an der Idee fest?

Aber vielleicht müsste ich eher fragen, warum glaube ich, dass sie es nie tun wird? Die Idee dahinter habe ich vermutlich von Antonio Damasio aus „Selbst ist der Mensch“ (aber ich weiß es nicht mehr genau). Und ich habe sie so verinnerlicht, dass ich immer wieder über Menschen staune, die ihr Unbewusstes nicht bei Entscheidungen konsultieren. Zunächst einmal: Ein „Sollte“ ist keine Motivation, die irgendwen irgendwohin bringt, das weiß auch Antonia. Aber es geht, wie gesagt, um das Unbewusste. Lass mich erklären!

Eine bewusste Entscheidung treffen wir nur, wenn das Ereignis so außergewöhnlich ist, dass es den Weg in unser Bewusstsein schafft. Greifen wir gedankenverloren in einer Besprechung nach dem Keksteller, nehmen wir zielsicher unsere Lieblingssorte. Das Unbewusste hat die Aktion gelenkt, und es weiß, was dem Ich gefällt. Jedenfalls dann, wenn wir in unserem Leben schon viele verschiedene Kekse gegessen haben. Es ist wissenschaftlich erforscht, dass eine Wahl, die viel komplexer ist als Kekse, zum Beispiel ein „Haus kaufen“, nachhaltig besser ist, wenn sie unbewusst getroffen wird (beschäftigen muss man sich allerdings trotzdem damit). Unser Verstand mag Pro- und Kontralisten schreiben, aber unser Bewusstsein ist mit den vielen Informationen überfordert. Schließlich verhält sich das Bewusstsein zum Unbewussten wie 1cm zu 11km (=1.100 000 cm) (sagt Vera Birkenbihl). Das heißt, dein Unbewusstes kann viel mehr Informationen gleichzeitig berücksichtigen als dein Bewusstsein. Das Bewusstsein macht spätestens nach sieben Elementen schlapp. Allerdings musst du dein Unbewusstes schulen, sonst macht es das, was die Werbung und andere Menschen ihm anbieten. Die GFK ist da ein gutes Mittel. Fragt man sich regelmäßig (auch nach Enttäuschungen), welches Bedürfnis wollte ich mir damit erfüllen und ist mir das gelungen, impft man ganz automatisch sein Unbewusstes mit den eigenen Werten und Wünschen.

Aber wie können wir im Alltag mit unserem Unbewussten kommunizieren? Träume analysieren ist schön, aber nicht immer träumen wir von der bevorstehenden Entscheidung. Meine Methode ist zu schauen, womit ich mich so gedanklich beschäftige. Was kommt mir völlig unbeeinflusst ins Bewusstsein? Das können Fantasien von Stress oder schlimmer Bedrohungen sein. Hat das etwas mit der bevorstehenden Jobwahl zu tun? Oder mein Verstand läuft auf Hochtouren und überlegt, wie es wäre, eine bestimmte Maltechnik auszuprobieren. Beides kennst du wahrscheinlich. Aber, worauf es sich wirklich lohnt zu achten, ist das, woran man NICHT denkt und was man NICHT tut? Taucht etwas nie im Bewusstsein auf,(es sei denn du wirst gerade daran erinnert), dann ist es für dich nicht relevant (sagt das Unbewusste). Sollte sich daran etwas ändern, dann wird sich das NICHT-denken in Fantasien verwandeln und die Fantasien in Handlungen. Wünsche und Ziele, die man nur hat, wenn man gerade daran erinnert wird, kann man getrost, aussortieren.

Und was heißt das für den Alltag? Wenn du nie den Wunsch hast, eine bestimmte Maltechnik auszuprobieren, dann kannst du die Idee ziehenlassen.

Schenk die Malkreiden lieber deiner Tochter!

Veränderung leicht gemacht


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Viel Zeit für…

Ich hätte jetzt Zeit zu schreiben, aber ein anderes Thema als C… und seine Konsequenzen fällt mir seit Tage schon nicht ein. Mein neuer Flyer ist fertig. Mit viel Zeit und Spaß habe ich am Layout gebastelt. Die Termine werde ich wohl verschieben müssen.

Die Situation ist absurd. Mir geht es gut, aber… Ich freue mich, Freunde (zu zweit) im Stadtpark zu treffen oder mit meiner Mutter zu telefonieren, aber … egal wen ich spreche, sie sind geknickt oder völlig durch den Wind. Nicht dass ich es nicht verstehen könnte. Am liebsten würde ich einen ganzen Blog mit der Botschaft schreiben: „Zieht euch das nicht so rein!“. Der Grund für meinen Widerspruch liegt auf der Hand: mir geht es gut, ich würde diese Lebensfreude gerne teilen, aber die Welt ist mit C… beschäftigt.  Endlich wäre Zeit, sich zu treffen, endlich wäre die Terminfindung (auch in Gruppen) ein Leichtes, endlich könnte man etwas gemeinsam machen, aber …

Tagesfazit:

Das Leben ist schön!

Es ist, trotz Spaziergängen zu zweit, etwas einsam.

Und die Gespräche sind furchtbar einseitig. Mein Dank an all die, die etwas anderes schreiben (können).


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Getrennt und verbunden

(mit Nachklapp: Leichtsinn oder Verantwortung)

Merkwürdige Zeit! Grenzen werden geschlossen. Kontakt wird vermieden. Risikogruppen werden zu ihrem eigenen Schutz isoliert und keiner fragt, wie es ihnen in ihrer Isolation geht.

Es fällt mir leicht, mich aufzuregen. Vor lauter Schutzmaßnahmen für unsere Gesundheit wird das finanzielle Überleben von Selbstständigen und kleinen Unternehmen geopfert. Wie lange soll ich als Trainerin ohne Einkommen klarkommen? Welch ein Glück, dass ich noch einen Nebenjob habe. Wie machen das andere? Restaurants oder Bildungseinrichtungen zum Beispiel. Es gelingt mir nicht, ausschließlich die virale Gefahr zu sehen.

Wenn ich morgens auf meinem Meditationskissen sitze, werden mir meine Gedankenketten bewusst. Ich spüre das Adrenalin. ICH WILL DAS NICHT!

Ok, ein ernsthafter Versuch:

Ohm

„Ich bin nicht meine Gedanken!“

– die Atmung wird tiefer.

„Ich bin nicht das Kratzen im Hals. Ich bin mehr als das.“

– Ich spüre, wie es in meinen Zellen flirrt.

„Ich bin mehr als das!“

– Es beruhigt sich.

Dann geht es wieder von vorne los.

Einfach um mal etwas anderes zu hören, schalte ich das Video von Silke Schäfer an.

Astrologie. Eine andere Welt, so gar nicht wissenschaftlich, aber mal was anderes. Ab und zu setze ich mich gerne anderen Denkweisen aus. Das ist a) spannend und b) eine gute Prävention, um die eigenen Maßstäbe und Bilder nicht für das Alleingültige zu halten.

Im Video gibt es keine medizinischen Erklärungen oder Studien. Schäfer sagt: „Es ist eine Prüfung!“ Eine Prüfung für die, die sich seit Jahren auf den Weg gemacht haben, um eine ganzheitliche Sicht auf die Welt zu bekommen. Eine Prüfung für die, die viel Zeit und Energie in ihre persönliche Entwicklung gesteckt haben. Was macht ihr jetzt? Bleibt ihr im Mitgefühl? Bleibt ihr in der Liebe?

Ein spannender Ansatz! Genau darum geht es in meinen Meditationsversuchen. Kann ich die Gedanken ziehen lassen?

Und genau darum geht es in der Gewaltfreien Kommunikation, kann ich empathisch bleiben? Mit Menschen, die abweisend sind? Mit Journalisten, die die Emotionen anpeitschen? Mit mir, die ich mich frage, was wird in drei Monaten, wenn wir jetzt schon so reagieren? Wenn ich ehrlich bin, meistens kann ich das nicht. Aber wie gut ist es, daran erinnert zu werden.

Gestern beim Spaziergang mit einer Freundin, wir sprechen über DAS Thema. Ich rege mich auf. Aber dann wechseln wir das Thema. Fast schon aus Gewohnheit stelle ich mich emotional auf sie ein und suche die empathische Verbindung. Und, …? Welch eine Erleichterung! Empathie, die ich für sie empfinde, beruhigt mich. Es gibt noch andere Bedürfnisse. Es gibt noch andere Gefühle. Wie schön, für jemand da zu sein, ohne Sorgen, ohne Angst, einfach da. Normale Probleme mit einem normalen Chef.

Da fallen mir die Worte von Silke Schäfer ein: „Geht in die Liebe!“. Das wären nicht meine Worte, aber in der Quintessenz geht es genau darum. Ich würde sagen: Bleibt in Verbindung! Klingt immer noch esoterisch, aber was soll’s. Das Menschsein macht sich nicht an der Länge des Lebens fest. Genauso wenig ist ein gutes Leben ein langes Leben. Warum sag ich das? Weil einem die Angst vor dem, was kommt, Lebensqualität und Mitgefühl vermasseln.

Sieh es als Prüfung! Probiere mal einen anderen Ansatz!

Im Jetzt.

Im Mitgefühl

Und fragend: liebe Kollegin über 60 Jahren, möchtest du überhaupt zu Hause bleiben?

Nachklapp

PS. Meine Mutter, die all meine Texte gegenliest, war heute Morgen sehr aufgebracht: „Du bringst dich in Gefahr! Du bist leichtfertig!!“ – Das glaube ich nicht. Zu wenig Sozialkontakte. Mein Anliegen als Blog-Autorin ist es nicht, Leichtfertigkeit zu fördern. Meiner Anliegen ist es, Ding in den Blick zu nehmen, von denen ich Sorge habe, dass sie hinten dem großen Thema verschwinden. Und als praktizierende Buddhistin daran zu erinnern, BEWUSST zu sein.

Ich will niemand dazu auffordern, sich und andere zu gefährden.

PPS. Mit meiner Kollegin habe ich mittlerweile telefoniert. Sie hat sich sehr über meine Einladung gefreut, doch zur Arbeit zu kommen, und aus Verantwortung für ihre Lieben bleibt sie zu Hause. Wir bleiben telefonisch in Kontakt.


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Angst(frei), ein Selbsttest

Mir ist nicht klar, was mir die Nachrichten rund um den Corona-Virus bringen sollen, also vermeide ich sie, so gut es geht, keine Zeitung, keine Nachrichten. Aber es gelingt mir nicht. Beim Einkaufen an der Kasse streift mein Blick die Tageszeitungen „Zwei Todesfälle in Hamburg“. Mein Adrenalinpegel schnellt nach oben. Ein Freund schickt mir ungefragt einen Link zum Virus. Der Hausmeister verweigert mir den Händedruck. Ein anderer Freund teilt seine fatalistische Meinung: „Viren sind wichtig! Viren sind dafür da, explodierende Bevölkerungszahlen zu regulieren.“ Aha!

Ich glaube nicht, dass der Corona-Virus die Bevölkerungszahlen kontrolliert, aber dass die Medien unsere Köpfe kontrollieren, halte ich schon für wahrscheinlicher. Da muss noch nicht mal Absicht dahinterstehen.

Auf dem Kongress „Angstfrei“ hat der Schweizer Friedensforscher Daniel Ganser über die Wirkung von Medien und Angst berichtet. Darin betont er, dass unser Gehirn die Bedeutung von Nachrichten an der Häufigkeit festmacht, mit der wir sie hören, nicht an der Wahrscheinlichkeit, mit der sie uns treffen. Bei dieser Häufigkeit ist es völlig egal, ob die Nachricht als Vermutung, als Tatsache oder als „noch zu prüfen“ formuliert wurde, Hauptsache, das passende Schlagwort kommt darin vor. Das wissend frage ich mich gerade, ob es gut ist, mit meinem Blog noch eine Nachricht ins Internet zu werfen. Schließlich bin ich jetzt Teil des Medienhypes.

Das, was unser Hirn mit der Nachrichtenfrequenz und der Einschätzung der Situation macht, nennt man „kognitive Verzerrung“. Der Sozialforscher Daniel Kahneman hat sie an sich selbst, an Probanden und seinen wissenschaftlichen Kollegen getestet. Ergebnis: auch Fachleute gehen der „kognitive Verzerrung“ auf den Leim. Es gibt aber einen Trick, den auch wir anwenden können. Nämlich: Wir wissen, dass unser Hirn diesen Fehler macht und können das bewusst hinterfragen.

Wie oft hast du in letzter Zeit von Corona gehört. Und für wie gefährlich schätzt du den Virus ein? Passt das zur statistischen Wahrscheinlichkeit?

In diesem Zusammenhang versteht man die Buddhistische Weisheit besser: Glaube nicht alles, was du denkst! Die Buddhisten scheinen die „kognitive Verzerrung“ schon lange vor den Sozialwissenschaftlern verstanden zu haben.

Und in Zeiten wie heute ist es gut, ein paar Tricks auf Lager zu haben, falls man mit negativen Nachrichten bombardiert wird oder am Bildzeitungsständer vorbeikommt.

  1. Überprüfe deine Annahmen.

Gesagt getan: Ich google „Zwei Tote in Hamburg“ und stelle fest, den Titel gibt es nicht. Die letzte Nachricht von zwei Toten stammt vom November 2019. Unglaublich, was mein Hirn daraus gemacht hat. Die journalistische Pflicht, Nachrichten zu überprüfen, scheint etwas wert zu sein. Trotzdem hat mir der zweite Tipp zum Umgang mit Angst geholfen. Genau genommen hat er es erst möglich gemacht, dass ich die Nachrichten heute überprüfe.

  1. Wenn du Angst hast, atme tief und bewusst. Nicht nur Luft holen, sondern dem gesamten Atemfluss folgen. Einatmen, die Luft strömt durch die Nase ein, ausatmen, der Brustkorb senkt sich.

Mach das ein paar Mal, und dann schau, was aus deiner Angst geworden ist. Meine ist weg.

Und ein Mann aus Sri Lanka, der geduldig nach einem Tsunami sein Haus wieder aufbaut, sagt etwas zu dem ICH, das da Angst hat. „Wer bin ich, dass ich mich selbst, mein Leben und Leid so wichtig nähme? Ich tue, was ich tun muss. Haus bauen, Familie versorgen…“

Guter Vorschlag! Lasst uns tun, was wir tun müssen.

Atmen, Nachrichten überprüfen, arbeiten, Freunde sehen.


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Liebe – Macht – Schuld

Geliebte und ungeliebte Kräfte in unserem Leben

„Er bedeutet mir alles. Ihm gehört mein Leben.“ – „Ich liege ihr zu Füßen. Sie hat jede Macht über mich.“

Wovon sprechen die, Macht? – Nein, Liebe.

Zugegeben, so redet heute kaum noch jemand. Doch die alte Ausdrucksweise drückt eine Verbindung aus, die viele Menschen heutzutage nicht wahr haben oder gar leugnen wollen. Liebe hat etwas mit Macht zu tun. Wenn wir lieben, wenn wir das Gefühl in seiner vollen Größen zulassen, dann geben wir anderen Macht über uns. Ob bewusst oder unbewusst gewähren wir einem anderen Menschen Einfluss auf unsere Gefühle und unser Leben.

Während die positive Bedeutung  der Liebe ungebrochen ist, ist „Macht“ für viele Menschen ein schwieriger Begriff. Er wird mit einem aufgeblasenen Ego, mit ungestilltem Machthunger und dem Gang über Leichen in Verbindung gebracht. Kein Wunder, dass eine meiner Teilnehmerinnen in meinem letzten Workshop mit der Frage rausplatze: „Muss man das Macht nennen?“

Eine gute Frage! Alternativ gibt es „Verantwortung“ oder „Wirksamkeit“. Doch ich frage mich, ob das reicht? Verantwortung zu übernehmen ist sinnvoll, dass mein Handeln wirksam ist, auch. Aber reicht das? Brauchen die Probleme in unserem Leben und auf diesem Planeten nicht mehr als das?

Das Problem mit der Macht ist nicht die Macht, es ist der Machtmissbrauch. Habe ich Macht, dann ist der Schaden, den ich anrichten kann, viel größer, als wenn ich keine Macht hätte. Menschen ohne Macht verhalten sich vermutlich keinen Deut besser als Menschen mit Macht, vielleicht sogar noch schlimmer. Nur bei den Machtlosen merken es nicht so viele Menschen, wenn sie Mist bauen. Und „Mist bauen“ heißt leider oft „Gewalt anwenden“, mal physisch, mal emotional oder verbal.

Ein interessantes Licht wirft Hannah Arendt auf das Thema. Die Philosophin hat sich intensiv mit den Gräueltaten und der Verantwortungslosigkeit im Hitlerregime beschäftigt, und sie kommt zu dem Schluss: „Gewalt ist die Abwesenheit von Macht!“ – Wirklich?

Da muss ich erstmal drüber nachdenken. Jemand, der gewalttätig ist, soll keine Macht haben? Offensichtlich setzt sie physische Überlegenheit nicht mit Macht gleich, was viele andere tun. Nochmal, „Gewalt ist die Abwesenheit von Macht!“, es braucht etwas Mut da hinzufühlen.

Da schlägt einer zu und raubt die Handtasche. Schlägt er zu, weil er keine Macht hat? Vielleicht hat er nicht genug Macht in der geschäftlichen Welt, um sein Geld zu verdienen? Ein Vater schlägt sein Kind. Schlägt er es, weil er sich machtlos fühlt? Es nicht aufhört zu schreien? All seine Interventionen nichts nützen? Wäre er mit einem Gefühl von Macht, Standing und Wirksamkeit verbunden, dann würde die Szene anders ausgehen, das sagt zumindest Hannah Arendt.

Und die Schuld? Die meisten Menschen haben keine Schwierigkeiten, sie im Umfeld der Macht anzusiedeln. Aber warum „Macht Liebe Schuld“, um das Wortspiel aufzugreifen?

Eine Freundin von mir sagte einmal, als wir von ihrer kriselnden Beziehung sprachen: „Ich mag die Frau nicht, die ich an seiner Seite geworden bin!“ Und ein anderer Freund meinte zu seiner Ex-Beziehung: „Ich hab mich verbogen! Es war nicht gut. Aber ich habe sie so geliebt.“ Was ist passiert? Sie haben sich beide für die Liebe entschieden, was an sich gut ist. Nur wenn man sich gleichzeitig gegen die eigene Macht entscheidet, dann kann es passieren, dass  man in eine Sackgasse gerät. Dann bleibt praktisch nur noch das „Schuldig-machen“, um irgendwie weiterleben zu können. Schuld passiert zwischen den Polen „Liebe und Macht“. Dabei spreche ich nicht von der Schuld, die bei einem absichtlichen Vergehen oder Verbrechen entsteht. Ich meine die systemische Schuld, die natürlicher Teil des Lebens ist. Egal wie man sich verhält, man macht sich schuldig.

Es lohnt sich, das genauer anzuschauen: Gehen wir ganz in der Liebe auf und leugnen unsere Macht, unsere Freiheit und unser So-Sein, dann machen wir uns an unserem eigenen Leben schuldig. Und leugnen wir unsere Liebe, indem wir alles auf die Macht, die Unabhängigkeit und die Karriere setzen, dann machen wir uns an unserer Liebe schuldig. Nur ein Kind entgeht der Verantwortung, sich im Leben zu positionieren. Wir Erwachsenen haben da keine Wahl.

Diese Mächte im eigenen Leben anzuerkennen, ist keine einfache Sache!

Aber jetzt stell dir mal vor, du könntest mit allen dreien umgehen, wie würde dein Leben dann aussehen?


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Wut oder das Spiel mit dem Tiger

Die Lippen aufeinandergepresst, eine steile Falte zwischen den Brauen, fixiere ich dich.  Tunnelblick, ich sehe nichts anderes. Alles rot! ROT nicht rosa! Ein gezielter Schlag auf die Kinnlade wäre jetzt die richtige Antwort, aber ich bin ja GFK-Trainerin. „Komm du mir noch einmal!“

Marshall Rosenberg bezeichnet die Wut als Sekundärgefühl. Sie beruhe auf Gedanken und dahinter lägen andere Gefühle. Das mag stimmen, doch man stelle sich folgende Szene vor. Dein Freund steht aufgebracht vor dir und platzt förmlich vor Wut, und du erzählst ihm: „Bist du traurig, Schatz? Du weißt, Wut ist ein Sekundärgefühl.“ Mal ehrlich, selbst wenn das stimmt, zur Gewaltfreiheit des folgenden Konflikts trägt diese Aussage nicht bei. Echte Wut ist sofort da und man sollte sie sehr ernst nehmen. Es gibt auch eine Sekundärvariante, aber die meine ich gerade nicht. Ich meine die glasklare Primärwut. Es könnte eine gute Idee sein, das eine vom anderen zu unterscheiden.

Die Autorin Vivian Dittmar stellt in „Gebrauchsanweisung für Gefühle“ die These auf, dass nicht nur die Wut, sondern alle Gefühle auf gedanklichen Bewertungen beruhen. Gefühle sind die emotionale Bewertung der Situation. Die Wut sagt: „Das ist falsch! So nicht!“ Wutenergie sei Handlungsenergie, so genutzt, kann sie konstruktiv sein. Regt man sich permanent auf, verkehrt man die Kraft der Wut in ihr Gegenteil. Sie wird zum Gift, das dauerhaft den Körper und das soziale Umfeld flutet. Geteilte Wut ist doppelte Wut, ganz anders als das Leid, das sich beim Teilen halbiert. Im Zorn, in der Primärwut macht man nicht viel Worte. Wie bei der Mutter, die vor mir an der Kasse steht und ihrem Sohn am Handy eine klare Ansage macht: „Sieh zu, dass du deinen Arsch sofort nach Hause bewegst!“ Wut, Handlung, fertig! Hier zeigt sie ihre Wirksamkeit, wenn andere etwas tun oder nicht tun sollen.

„Sich aufregen“ könnte da schon besser zum Wort „Sekundärgefühl“ passen. „Sich aufregen“ ist auch eine Art Wutenergie. Die einzige Handlung ist die Mundbewegung, und die Person, die sie trifft, ist nicht die, die was tun könnte oder tun sollte. Wer sich aufregt, will sich in erster Linie aufregen, nichts ändern. Diese Energie kann süchtig machen. Man fühlt sich so herrlich rechtschaffen, das Blut pocht in den Adern und die anderen springen auf den Zug auf und regen sich ebenfalls auf. Gerne übersehen wir, dass dauerhafte Wutenergie im eigenen System Gift ist. Eine hinduistische Weisheit zeigt das Dilemma: „Wer den Tiger reitet, sollte nicht absteigen.“ Dann frisst er nicht mehr die anderen, sondern einen selbst. Das heißt, sitzt man auf dem Tiger und regt sich auf, dann kann man nicht aufhören. Doch Absteigen ist durchaus eine konstruktiv Lösung, auch wenn sie im ersten Moment unangenehm ist.

Kurt, ein Tischlermeister und Teilnehmer eines meiner GFK-Workshops, steht auf dem Tanzparkett*. Auf die Frage „Was für Urteile hast du?“ erzählt er mir ausführlich, was an seinem Kollegen falsch ist. Er reitet den Tiger gut, er weiß sich aufzuregen. Also bitte ich ihn abzusteigen und frage: „und… was für Urteile hast du gegen dich selbst?“ Er überlegt, lange, aber dann fallen ihm einzelne Sätze ein. Man merkt, dass das ungewohnt ist. Ich hätte ihn informieren sollen! Ich habe ihn hängen lassen! Im Nachgespräch erwähnt er genau diesen Moment: „Plötzlich konnte ich Empathie für ihn empfinden. Ich sah meinen Anteil und bekam eine Idee, wie es ihm ging.“ Der Prozess mit der Wut kann auch andersherum verlaufen. Die Teilnehmerin Angela zerfleischt sich in Selbstvorwürfen und kommt gar nicht auf die Idee vom Rachen ihres Tigers einen Schritt zurückzutreten. Also hilft nur eins, aufsteigen. Auch sie ist es nicht gewohnt, Urteile über andere zu formulieren. Auch sie braucht lange, bis von der Aussage „Was bin ich für eine schlechte Mutter!“ zu „Was für ein ungehobeltes Verhalten!“ kommt. Aber dann ist die Wut da und mit ihr die Klarheit: „So Freundchen, du kommst sofort her und verabschiedest dich anständig von deiner Mutter!“

Was passiert also, wenn wir den Tiger reiten lernen? Einerseits stehen wir zu unserem Anteil, andererseits gestehen wir uns ein, dass wir nicht für alles verantwortlich sind. Und das gelingt uns in dem Moment, in dem wir ohne Urteil die eigenen Urteile annehmen. Solange wir anderen die Schuld geben, solange sind wir das Opfer, selbst wenn der Zeigefinger auf uns selbst zeigt. Der Shift kommt, wenn wir (wieder) für unser Tun die Verantwortung übernehmen. Und der GFK-Prozess bietet einen Weg, wie man an diesen Punkt kommen kann.

Jeder und jede von uns, braucht eine gute Beziehung zu ihrem Tiger, es nützt nichts, ihn als Sekundär-Tiger zu bezeichnen. Wir müssen ihn reiten lernen und dazu gehört das Absteigen. Und damit beides gelingen kann, muss eines klar sein, dass du der Boss bist! Du bist das Handlungszentrum! Du entscheidest, mit welchen Mitteln du in den Ring steigst. Und, du entscheidest, wo deine Grenzen sind!

Kurz, klar und jetzt.

*Das Tanzparkett sind Bodenanker, die durch die 4+1 Schritte der GFK führen (Wolfsshow, Beobachtung, Fühlen, Bedürfnisse, Bitte).


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Braucht dein Selbstbild ein Up-Date?

Wann hast du das letzte Mal dein Selbstbild überholt? Bei größeren Veränderungen im Leben wird es meist notwendig. Denn oft kommen wir nicht weiter, ohne unser Selbstverständnis zu ändern. Zum Glück musst du für ein Up-Date deiner Seele nicht auf einen Misserfolg oder die nächste größere Veränderung warten. Du kannst gleich damit beginnen.

Ein kleiner Selbst-Quiz gefällig?

  1. Frage drei Menschen, die dich gut kennen (Kollegen, Freundinnen, Partner) „Wie wirke ich?“ (Aber zuerst beantworte dir selbst diese Frage.)

GFK Smileys

  1. Für die nächste Frage antworte schnell und spontan mit dem ersten, was dir in den Kopf kommt.

„Die Welt ist voller ___________!“

  1. Was sagst du dir als erstes, wenn du einen Fehler gemacht hast? __________

Und? Hast du den Mut, andere zu fragen? Vielleicht reicht dir die Vorstellung, um die Idee gleich wieder fallen zu lassen. Warum ist das so?

Den meisten von uns ist der Unterschied zwischen Fremd- und Selbstwahrnehmung irgendwo bewusst. Negative Urteile schmerzen und positive verpflichten. In der Hierarchie der wichtigsten Dinge, auf die unser Hirn ständig achtet, liegt die Frage: „Bin ich ok?“ (sozial und körperlich) gleich an zweiter Stelle. Den ersten Platz halten übrigens überlebenswichtige Funktionen unseres Körpers. Und damit da nichts schief läuft, wird Platz 1 vom vegetativen Nervensystem gesteuert. Unser Bewusstsein wäre mit Atmung, Zuckerspiegel und Schlafbedürfnis schnell überfordert. Dafür kümmert es sich um Platz 2, die existentielle Frage, „Bin ich ok?“. „Ok“ im Sinne von anerkannt, dazugehörig und sicher in der Gemeinschaft. Eine Verunsicherung hier bringt unseren Selbstwert ins Wanken und macht es fast unmöglich, sich auf etwas anderes zu konzentrieren. Dieser Bedeutung ist es geschuldet, dass unser Hirn uns für die richtige Einschätzung belohnt, selbst wenn die Einschätzung negativ ist. Sich selbst für schwach zu halten, bringt einen nicht um, wenn man sich entsprechend verhält. Sich für stark zu halten, es aber gar nicht zu sein, hingegen schon.

Wenn die richtige Selbsteinschätzung so wichtig ist, warum sind wir nicht dankbar für jedes Feedback, das uns hilft, uns selbst realistischer zu sehen? Weil das gleichzeitig heißt, dass wir die negativen Gefühle, mit denen unser Gehirn auf „falsche“ Selbsteinschätzung reagiert, aushalten müssen. Da relativieren wir doch lieber das Feedback: „Ach, die sagt das nur, um nett zu sein!“ oder „der kann das gar nicht beurteilen!“

Wir wechseln nun die Blickrichtung von innen nach außen. Wie siehst du die Welt? Schau einmal auf die Antwort der zweiten Frage. Wenn die Welt voller ___________  ist, wie lebt es sich darin? Fühlst du dich wohl? Weißt du die Gesellschaft zu schätzen oder bist du chronisch angenervt?

Diese Sichtweise ist dein persönlicher Filter. Der Filter funktioniert genauso wie das Phänomen, dass, sobald du ein Wohnmobil kaufen willst, von heute auf morgen die Straßen voll davon sind. Wo waren die nur vorher? – Nun, sie fanden den Weg durch deinen persönlichen Filter nicht. Bewusst oder unbewusst entscheiden wir uns, einem Teil der Welt besondere Beachtung zu schenken, das können „Idioten“ genauso wie „Probleme“ oder „schöne Menschen“ sein.

Damit hat unsere Wahrnehmung einen großen Einfluss darauf, wie es uns geht. Die gleiche Bedeutung haben Selbstgespräche. Schau‘ dir noch mal deine Antwort von Frage 3 an. Was würdest du deiner besten Freundin sagen, wenn sie so mit dir spräche? Wärt ihr noch Freunde? Bist du deine eigene Freundin. Glückwunsch, wenn ja! Aber woher hast du das?

Wenn du dich noch nie mit dieser Frage befasst hast, hast du diese Worte mit ziemlicher Sicherheit schon als Kind hundertmal gehört. Lange bevor wir uns bewusst mit unserer Identität auseinandersetzen, verinnerlichen wir die Sätze von unseren wichtigsten Bezugspersonen: „Das hättest du wissen müssen!“, „Wie kann man nur so blöd sein?“ oder „Wie ärgerlich, was machen wir jetzt?“.

Sich das bewusst zu machen, ist unangenehm, aber der erste Schritt deine Filter und Selbstgespräche selbst-bewusst zu gestalten.

Es ist Zeit für ein persönliches Up-Date!*

*Aber Vorsicht, das Up-Date startet mit unangenehmen Gefühlen! Der Benefit kommt später.  

 


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Kopfkino, mal ganz wissenschaftlich

„Ich soll sagen, was ich wirklich über meinen Chef denke? Muss das sein?“

Die Teilnehmerin steht auf der Karte „Wolfsshow“ und windet sich.

„Ja!“

Ich bin ziemlich überzeugt, dass die Gewaltfreie Kommunikation erst ihre Wirkung entfaltet, wenn wir unsere Urteile kennen.

Aber nochmal von vorne, vielleicht kennst du, liebe LeserIn, die Wolfsshow nicht.

Die Wolfsshow ist alles, was in deinem Kopf passiert, nachdem dir die Hutschnur hochgegangen ist. Es passiert ganz von alleine. Das Ausdrücken müsste demnach ganz einfach sein. Aber ich habe schon viele Teilnehmerinnen kennengelernt, die mit dem „laut-ihre-Urteile-aussprechen“ ein echtes Problem hatten.

Vielleicht liegt es an der guten Erziehung, vielleicht liegt es am Namen. Eine Teilnehmerin meinte einmal:

„Muss das Wolfsshow heißen? Ich habe doch keinen Wild-Live-Workshop gebucht. So etwas wie „neurolinguistische Programmierung“ fände ich gut. Das klingt wissenschaftlich, wichtig und neutral.“

Da musste ich passen. Ich hatte kein wissenschaftlich korrektes, wichtig klingendes und dabei komplett neutrales Wort für Wolfsshow. Der Wolf ist nicht neutral, aber er nimmt sich über die Maßen wichtig, und politisch korrekt ist er schon gar nicht. Alle Handpuppenhasser und Raubtiersympathisantinnen der GFK-Szene mussten daher mit den zwei Symbolen Wolf und Giraffe klarkommen.

Doch hier ist die Lösung für tierische Kontakthemmung. Wir nennen es jetzt ganz wissenschaftlich – SEF.

SEF stammt aus der sozialen Forschung von Brené Brown und steht für „schlechte, erste Fassung“. Das ist genau das, was wir mit der Wolfsshow meinen. Mach dir bewusst, was in deinem Kopf vorgeht. Das, was da passiert, bestimmt deine Verletzungen, deine Wut und dein Schamgefühl. Das, was da passiert, hat nur rudimentär etwas mit der Wirklichkeit (Beobachtung) zu tun, aber sehr viel mit dir (das heißt mit deinen Gefühlen und Bedürfnissen). Unsere Urteile kennenzulernen, ist keine freudige Erfahrung. Wer gibt schon offen zu, dass er das Verhalten des Kindes „das Allerletzte“ findet, und dass man schon immer gewusst hat, dass der Kollege XY „eine faule Sau“ ist. Klingt nicht empathisch, klingt nicht gewaltfrei und ist nicht politisch korrekt. (Ich möchte hier auf gar keinen Fall empfehlen, offen seine Urteile auszusprechen. Es geht um das Bewusstmachen!) Wir machen uns etwas vor, wenn wir sie leugnen, um vor uns selbst besser dazustehen. In der BeWERTung finden wir WERTvolles. Dazu muss man hinschauen, und das am besten mit einem spielerischen Augenzwinkern. Es ist ja nicht die Wirklichkeit!

Brené Brown, eine amerikanische Sozialforscherin, hat Menschen befragte, die schwer gescheitert sind und es schafften, wieder aufzustehen und weiterzumachten. Meist war das Scheitern mit heftigen Selbstverurteilungen (Wolfsshow) verbunden. Und in ihrem Buch „Laufen lernt man nur durch hinfallen“ beschreibt sie die Bedeutung der SEF und weitere Punkte, die für das Aufstehen nach dem Sturz in den Schlamm der Schamgefühle wichtig sind. Die Liste klingt wie GFK!

Vergleich SEF und WS

Spannend ist, dass Brené Brown besonders auf die Diskrepanz zwischen SEF und Wirklichkeit hinweist. Ein Delta, auf das man bei den Schritten der GFK ganz automatisch stößt: Beispiel gefällig?

Startkarte: Die Wolfsshow (SEF): Mach dir bewusst, was du denkst. Das hört sich vielleicht so an: „Sie hält mich wohl für eine Idiotin, mit der man alles machen kann!“ Gehe einen Schritt weiter und formuliere die Beobachtung = das, was deine Freundin wirklich gesagt hat. Sie: „Ich möchte heute Abend auf ein Konzert!“

Kaum jemand, der nicht bei diesem Schritt erstaunt feststellt, dass sie kein Wort von „Idiotin“ und „ich mag dich nicht“ gesagt hat.

Urteile und Wut verschleiern unseren Blick. Sie lassen uns Dinge sagen und hören, die oft an der Wirklichkeit vorbeigehen. Das Rumwolfen für uns alleine hilft uns, den Kern zu finden, um den es geht. Doch damit machen wir uns verletzlich. Es ist so viel leichter, selbstgerecht seine Urteile rauszuhauen. Aber Verletzlichkeit ist die Zutat, die einer Beziehung Tiefe gibt. Auf Zuverlässigkeit kann man ab und zu verzichten.